Sonntag, 12. Juni 2011
Nikotinentzug bei Intensivpatienten
Bei der Anamnese eines Patienten auf der ICU schauen wir neben den Vorerkrankungen natürich auch auf Süchte und Abhängigkeiten. Oft fallen bei Betroffenen die Diagnosen C2- oder Nikotinabusus. Der Alkoholiker im Delir wird auf der Intensivstation meistens mit i.v.-Ethanol oder mit Ersatzstoffen (Clomethiazol) versorgt oder für den Zeitraum einer kritischen Erkrankung zumindest gedämpft (Clonidin), so dass die Entzugserscheinungen ihn für den Zeitraum des Aufenthaltes auf der ICU nicht beeinträchtigen.
Der Nikotin-Abusus wird oftmals nur zur Kenntniss genommen, aber nicht weiter in der Therapie auf der ICU beachtet. Typische Entzugszeichen eines Rauchers werden anders interpretiert. Als typische Symptome gelten:
-Bradykardie
-Irritabilität
-Angst
-Agitation
-Verwirrtheit
-Halluzinationen
Gerade Patienten, die unvorhergesehen auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, können diese Symptome aufzeigen, als Zeichen eines Nikotin-Entzuges. Eine erhöhte Mortalität könne zwar direkt nicht festgestellt werden, dennoch gefährden die Patienten sich selbst, wenn sie sich beispielsweise Zugänge entfernen oder versuchen sich selbst zu mobilisieren. Eine Nikotinersatztherapie (zum Beispiel mit Nikotinpflastern) sollte daher nicht von vorne herein abgelehnt, sondern überdacht und in Erwägung gezogen werden. Gerade bei starken Rauchern "dämpft" man so erfolgreich die Entzugssymptome und erreicht eine schnellere, effizientere Genesung.
Pflegerisch ist vor allem die Vigilanz und Orientierung der Patienten zu beobachten. Oft kann die Stimmung im Verlauf schnell kippen und die Patienten versuchen zum Beispiel selbst "mal eben zum Rauchen zu gehen". In einigen Fällen können die Patienten ihren Zwang selbst nicht verbalisieren und benennen andere Gründe, um das Bett zu verlassen. Eine angepasste Sturzprophylaxe ist unabdingbar. Fixierungen sind je nach Situation auch notwendig, nach Arztanordnung wenn eine Eigen- oder Fremdgefährung vorliegt.
Ebenso ist die Aufklärung von Angehörigen notwendig. Auch wenn es eigentlich unwahrscheinlich erscheint, besteht die Gefahr, dass Angehörige den Patienten ihre Raucherutensilien "für später" auf Nachfrage der Patienten mitbringen und diese dann versuchen auf der ICU zu rauchen. Bedenkt man die Infrastruktur auf einer ICU (O2-Anschlüsse) besteht hier eine große Gefährdung für alle Anwesenden. So sind auch die Nachttische der Patienten im Zweifel zu kontrollieren.
Raucher sollten generell auf einer Intensivstation als Suchterkrankte wahrgenommen werden, um die Vigilanz und Gründe für Veränderungen genauer einschätzen und definieren beziehungsweise behandeln zu können. Eine Therapieanpassung begünstigt eine schnellere Genesung und vermeidet eine Selbstgefährung des Patienten. Oftmals verlängert eine reine Sedierung des Patienten den Gesamtaufenthalt auf einer Intensivstation. Eine differenzierte Diagnostik und medikamentöse Einstellung (Nikotinersatzpräparate) von Nikotin-Süchtigen macht daher Sinn.
Quellen
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/40779/Risiken_des_Tabakentzugs_auf_Intensivstationen.htm
http://www.stuedeli.net/reto/medizin/kdb/content/allgemeinMed/Tabakentzug.html
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