Mittwoch, 18. April 2012

Grundausbildung zur Intensivpflege



Der Aufschrei der Gewerkschaften und Berufsverbände war laut. Der Klinikverbund Südwest GmbH aus Böblingen und Nagold bietet ab August 2012 einen Pilotausbildungsgang an. Eine dreijährige Grundausbildung für den Intensiv- und Funktionsbereich. Ist dies ein geschickter Zug, um schnell für neues, qualifiziertes Fachpersonal zu sorgen, oder eine weitere Herabstufung von Qualität und Fachpersonal im Pflegeberuf?

In Deutschland bleiben Pflegende nach der Grundausbildung durchschnittlich drei Jahre im Beruf. Die meisten Pflegenden orientieren sie sich dann um, nur noch ein kleiner Teil nimmt die zwei Jahre Fachweiterbildung zum Fachgesundheits- und Krankenpfleger auf sich. Es herrscht ein Fachkräftemangel in Deutschland, vor allem im Süden. Viele Mitarbeiter auf Intensivstationen haben kein Fachexamen, streben es entweder selbst nicht an, oder haben aus den finanziellen Intentionen der Kliniken gar nicht die Möglichkeit sich weiterzubilden.

Bisher ist die neue Idee einer Intensivfachpflegekraft (IPK) noch nicht staatlich anerkannt. Ein erster Pilotausbildungsgang startet dieses Jahr. Ist das die logische Konsequenz oder der Untergang eines Qualitätsmerkmals? Nach OTA und ATA im OP, sollen nun auch Billigkräfte mit Tunnelwissen die viel zu teuren Fachgesundheits- und Krankenpfleger ersetzen.

Die Ausbildung gliedert sich wie folgt. Die Einsätze dauern länger, um schneller an eine praktische Fachkompetenz zu gelangen. Im ersten Jahr werden die Auszubildenden auf peripheren Stationen eingesetzt, um ein Grundwissen zu erlangen. Dann folgt die weitere praktische Ausbildung im Funktions- und Intensivbereich. Genügen drei Jahre um neben dem Grundwissen der Pflege und der Medizin auch noch ein erforderliches Fachwissen aufzubauen? Sicherlich eine individuelle Sache. Haben Intensivstationen, neben den personellen Problemen, überhaupt die Kompetenz, einen so großen Wissensschatz adäquat weiter zu vermitteln? Die IPK's erhalten zudem regelmäßig Supervisionen, um die Eindrücke zu verarbeiten. Können Pflegeneulinge sich in einer so speziellen, kurzen Ausbildung etablieren und ein eigenes Meinungsbild bilden?

Das Curriculum lehnt stark an dem der Grundausbildung und Weiterbildung an, eine Mischung, eng am Gesetz, um eventuell bald schon eine staatliche Anerkennung zu erhalten. Sollte sich dieser Ausbildungsgang nicht durchsetzen, haben die baldigen Pilotprojektteilnehmer ein Problem - keine Qualifikation nach drei Jahren Ausbildung. Angestrebt wird, dass hauptsächlich Auszubildende eingestellt werden, die auf eine praktische Erfahrung im Rettungsdienst oder Zivildienst zurückblicken können. Absoluten Neulingen wird ein vorheriger Einblick über solche Ebenen empfohlen. Anders wäre ein solches Projekt auch nicht zu realisieren.

Fachweitergebildete Intensivkräfte fühlen sich bereits jetzt schon durch diesen Ausblick herabgestuft. Fraglich bleibt, ob sich diese Light-Ausbildung etablieren kann. Bisher erscheint es als ein schnell erdachtes Konzept, um dem Fachkräftemangel entgegen zu treten. Stattdessen sollte doch nun lieber einmal endlich durchdacht werden, die der etablierte, qualitativ hochwertige Pflegeberuf attraktiver gestaltet und entlohnt werden kann. Ein finanzielles Umdenken in Bezahlung und Stellenschnitt würde das Problem des Fachkräftemangels schneller und effizienter beheben.